Grabenhansel

Lammfleischproduktion - Hintegrundinfos

Lammfleisch ist im Vergleich zu Schweine- oder Hühnerfleisch relativ teuer, wobei es im Supermarkt durchwegs auch günstige Ware- aus dem EU-Ausland- gibt. Berechtigterweise stellt man sich als Konsument die Frage: "Warum eigentlich?"

Diese Seite soll diese Frage beantworten, wobei hier vorwiegend wirtschafliche Aspekte erläutert werden.

Grundsätzliche Unterschiede im Ertrag Lamm- vs. Schweinfleisch

In Bezug auf Fleischmenge hat die Schweinefleischproduktion einige Vorteile:
  • Eine Zuchtsau schafft pro Jahr ca. 2 Würfe mit jeweils ca. 10-12 Ferkeln, während ein Schaf im Schnitt ca. 2-3 Lämmer pro Jahr bekommt
  • Schweine sind ausgezeichnete Futterverwerter und können zu 80-90% mit optimiertem Kraftfutter gefüttert werden, während Schafe als Wiederkäuer nur ca. 20% Kraftfutter vertragen (der Schafmagen ist ja auf Gras optimiert).
  • Das typische Lebendgewicht bei der Schlachtung eines Schweines beträgt ca. 110kg, das eines Lamms bei maximal 50kg
  • Die Ausschlachtung (Anteil des Schlachtkörpers nach dem Schlachten und Zerlegen, also ohne Fell und Innereien) beim Schwein beträgt ca. 80% und beim Lamm ca. 50%
Zusammenfassend kann man sagen: Schweine bekommen mehr Nachwuchs, der effizienter wächst, schwerer wird und anteilig mehr Fleisch hat.

Betriebsgröße

Naheliegendweise kann ein Großbetrieb günstiger produzieren als ein Kleinbetrieb. Im EU-Durchschnitt hat ein Schafhalter 144 Tiere, die größten Herden pro Betrieb gibt es mit über 500 Tieren in Großbritannien. Dagegen nehmen sich die Bestände der österreichischen Schafhalter sehr bescheiden aus: durchschnittlich 20 Tiere pro Betrieb Mehr Information findet sich auf der Hoempage der AMA.

Aufwand bei der Schlachtung

Auf Grund des hohen Schweinefleischbedarfs ist die Industrialiserung der Schlachthöfe für Schweine in Österreich und Deutschland deutlich ausgereifter. Im Jahr 2020 schlachtete z.B. alleine die Unternehmensgruppe Tönnies 16,3 Millionen Schweine in Deutschland. Im selben Zeitraum wurden in Deutschland insgesamt ca. 1 Millon Schafe und Lämmer geschlachtet. Im Vergleich dazu wurden in Australien im Jahr 2020 20.55 Mio Schafe und Lämmer geschlachtet , wobei der Großteil des Fleisches als Tiefkühlware exportiert wird. Naheliegenderweise spiegeln sich diese Zahlen auch den Schlachtkosten wider.

Schlachtung im eigenen Schlachtraum

Natürlich klingt das Konzept Schlachtung am eigenen Betrieb für den Konsumenten gut. Hier wird aber gerne ignoriert, dass die Schlachtkosten deutlich höher sind als auf einem spezialisierten Schlachthof. Die wesentlichen Kosten bei der Schlachtung sind:
  • Der Personal- und Materialaufwand pro geschlachtetem Tier
  • Die Kosten für die Fleischbeschau (in Niederösterreich per Verordnung festgelegt)
  • Die Entsorgung der Schlachtabfälle
Weiters haben Schlachthöfe auf Grund ihrer Struktur bessere Kühlmöglicheiten. Die Anzahl an erlaubten Schlachtungen pro Tag orientiert sich an der Anzahl der Kühlplätze. Dementsprechend dürfen in bäuerliche Schlachträumen meist nur einige wenige Tiere pro Tage geschlachtet werden.

Personal- und Materialaufwand

Die händische Schlachtung und Aufarbeitung nimmt pro Tier zwischen 30 und 60 min (je nach Erfahrung und Schonung des Fells beim Abziehen) in Anspruch. Beim der händischen Schlachtung sind die Materialkosten pro Tier vernachlässigbar gering (Patrone des Schlachtschussapparats bzw. Strom für die elektrische Betäubung). Bei industrieller Schlachtung ist hingegen der Personalaufwand maximal reduziert. Ein anschauliches Beispiel für kostengünstige industrielle Schafschlachtung bietet dieses Video eines modernen Schafschlachtbetriebs.

Kosten für die Fleischbeschau

In Österreich muss für Schafe und Lämmer immer eine tierärztliche Beschau vor und nach der Schlachtung vorgenommen werden (Ausnahme Schalchtung für Eigenbedarf). Hier fallen Kilometergeld für die Anreise, Kosten für den Zeitaufwand und Fixkosten pro Tier an. Pro Schlachttermin kann man mit Kosten von ab ca. 100€ rechnen.

Die Entsorgung der Schlachtabfälle

In Österreich müssen die Schlachtabfälle von einem einschlägigen Entsorgungsunternehmen entsorgt werden. In Niederösterreich steht hier die Saria GmbH in Tulln zu Verfügung, wobei sich die Kosten nach Anfahrt und Anzahl an gefüllten Container richten. So wie bei überall sonst auch: die anteiligen Entsorgungskosten sinken mit der Menge.

Tierwohl

Artgerechte Lämmeraufzucht heißt, dass die Lämmer bei ihrer Mutter in einer Herde auf der Weide (bzw. im Stall während der vegetationsfreien Periode) aufwachsen können. Schafe kennen ihre Umgebung und jede Veränderung bewirkt Stress. Insofern sind Tiertransporte zum Schlachthof (insbesondere über weite Strecken) für Lämmer eine Belastung die sich auch in der Fleischqualität auswirken kann.

Fazit

Lammfleisch, welches von Lämmern eines Großprozenten kommt und das auf einem industriellen Schlachthof aufgerabeitet wurde, kostet trotz Transport, Tiefkühlung und Zwischenhandel deutlich weniger als Lammfleisch direkt vom heimischen Erzeuger. Der höhere Preis kommt durch höhere Produktionskosten während der Aufzucht und höhere Personalkosten während der Schlachtung samt Aufarbeitung und Fleischbeschau zustande, wobei hier natürlich auch die steuerliche Begünstigung für Direktvermarkter und der fehlende Zwischenhandel berücksichtigt ist.